mdr - website, 26. September 2007
Nach Haushaltssperre in Suhl
Stadtrat entscheidet über Gelder für Philharmonie


Die Zukunft der Thüringen Philharmonie steht wieder in Frage. Die Stadt Suhl, einer der Träger, hatte Anfang September ihre Zahlungsunfähigkeit erklärt. Nun berät der Stadtrat erneut auch über die künftige Finanzierung des Orchesters. Der bisherige Zuschuss könnte nach 2008 gestrichen werden.

Die vom Suhler Stadtrat beschlossene Haushaltssperre von acht Millionen Euro könnte schwerwiegende Folgen für die Philharmonie haben. Mehrere Stadträte sprachen sich angesichts der Haushaltslage gegen die weitere Finanzierung der Philharmonie ab 2009 aus. Hintergrund sind Befürchtungen, dass sonst eine Überbrückungshilfe des Landes nicht zurückgezahlt werden kann. Auch der Kulturausschuss der Stadt hatte in der vergangenen Woche mit knapper Mehrheit empfohlen, die finanzielle Förderung der Philharmonie nach 2008 einzustellen.


"Wenn wir in den letzten zehn Jahren anstelle der 500.000 Euro Gastpiele für 200.000 Euro eingekauft hätten, dann hätten wir das eine oder andere Problem in der Stadt Suhl ganz wunderbar lösen können."
Dietrich Weiß
CDU-Stadtrat

 

Beim Kultur-Marathon im Dezember.; Rechte: Peter Mittmann/Initiative Erhalt Thüringer Kultur

Beim Kultur-Marathon im Dezember

Zitterpartie für das Orchester
Ursprünglich wollte die Südthüringer Kommune ab 2009 500.000 Euro zum Etat des Orchesters beisteuern. Angesichts des aktuellen Drei-Millionen-Lochs in der Kasse wollen die Stadtverordneten die künftige Förderung nun heute neu beraten. "Wir zittern jetzt alle", erklärte Orchester-Intendant Hermann Breuer zur prekären Lage.

 

Nach Bankrott in Suhl - Hängepartie im Kreistag von Gotha
Zu den Trägern der Thüringen Philharmonie gehören neben Suhl auch Stadt und Landkreis Gotha. Anders als in Suhl beteiligt sich in Gotha also auch das Umland. Am 14. September wollte der Kreistag über die künftige Förderung für den Zeitraum 2009 bis 2012 entscheiden. Die Stadt Gotha hatte bereits beschlossen, die Zuschüsse um 120.000 auf 500.000 Euro aufzustocken. Doch angesichts der Bankrott-Erklärung aus Suhl vertagte sich der Kreistag auf Anfang November. Schließlich sei ja nicht klar, ob Suhl im Kreis der Träger bleibe, begründete die CDU ihren Antrag auf weitere Beratungen. So fürchten die Musiker nun, dass die Entscheidung über die Zukunft ihres Orchesters hin- und hergeschoben wird.

 

Hoffnungen richten sich aufs Land
So richten sich die Hoffnungen paradoxerweise auf das Land, das noch vor mehr als einem Jahr den kompletten Rückzug aus der Förderung der Thüringen Philharmonie angekündigt und damit die Krise ausgelöst hatte. Nach heftigen Protesten wurde dann doch noch ein Zuschuss von 800.000 Euro im Jahr ausgehandelt, 350.000 Euro kommen bei einer Kooperation mit dem Theater in Erfurt dazu. Die Vereinbarungen dazu müssten wegen des nötigen Planungsvorlaufes bald getroffen werden.

 

Die Vorgeschichte
Das Land hatte im vergangenen Jahr erneut den Versuch unternommen, die Thüringer Theaterlandschaft neu zu ordnen. Demnach sollten die Zuschüsse für die Theater und Orchester ab 2009 von 60 auf 50 Millionen gekürzt werden. Am härtesten wäre die Thüringen Philharmonie betroffen gewesen. Denn das Orchester, das bis 2008 rund 1,8 Millionen Euro vom Land bekommt, sollte ab 2009 völlig leer ausgehen. Die anderen drei Träger bringen bis 2008 ebenfalls noch etwa 1,8 Millionen Euro auf. Durch monatelange Proteste sowie gemeinsame Aktionen der Thüringer Theater und Orchester wurden die Kürzungspläne des Landes gekippt.

Die Thüringen Philharmonie Suhl mit ehemals 46 Musikern sollte schon einmal 1997 aufgelöst werden, damals wollte die Stadt die Zuschüsse aufkündigen. Daraufhin traten 20 Musiker in einen elf Tage währenden Hungerstreik. Es kam zu Gesprächen mit der Kommune und dem Land: Die Fusion mit dem Gothaer Orchester, dem 39 Musiker angehörten, war das Ergebnis. In Kauf nahmen die Beteiligten damals einen nicht unerheblichen Gehaltsverzicht.

 

Pflicht und Kür
Einerseits brächte eine Aufgabe des Orchesters der jetzt klammen Stadt Suhl wenig, griffen die Einsparungen doch erst ab 2009. Andererseits muss die Kommune bei den freiwilligen Aufgaben kürzen, um Landeshilfen zu bekommen - und dazu gehört die Kultur.

Als erstes räumt nun der Chefdirigent der Thüringen Philharmonie seinen Posten. Alun Francis will seinen bis Ende 2008 laufenden Vertrag nicht verlängern, was aber laut Intendant Hermann Breuer nichts mit den finanziellen Schwierigkeiten des Orchesters zu tun habe. Allerdings dürften diese die Suche nach einem Nachfolger erschweren.

 

zuletzt aktualisiert: 26. September 2007 | 14:17

 

[zurück]
_________________________________________________________________________