Freies Wort Suhl, 20. September 2007
SOLIDARITÄTSKONZERT IM CCS „Ihr Suhler, lasst euch nicht entmutigen“

Würzburgs Theater-Intendant Hermann Schneider appellierte gestern Abend an die Zuhörer, um ihre Philharmonie zu kämpfen
VON LILIAN KLEMENT
„Mild und leise“ wie Isolde den Liebestod besingt, waren die Worte von Würzburgs Intendant Hermann Schneider an die Suhler keineswegs. Beim gestrigen Solidaritätskonzert der Musiker seines Hauses und der Thüringen-Philharmonie appellierte er an die Suhler, ihr Orchester nicht sterben zu lassen.

SUHL – Seine leidenschaftliche Rede vor der gemeinsamen Aufführung von Richard Wagners berühmtem Vorspiel und Liebestod zu „Tristan und Isolde“ wurden von den über 700 Zuhörern mit großer Sympathie aufgenommen.
Vielen im Publikum sprach er aus dem Herzen, als er mahnte, das Orchester nicht so einfach aufzugeben. Er und seine Mitarbeiter seien nach Suhl gekommen aus Pflicht zur Solidarität, aus Kollegialität und aus kulturpolitischer Verantwortung. Vor fünf Jahren habe sich die Thüringen-Philharmonie mit seinem Theater solidarisiert. Damals habe es anfangs auch nicht danach ausgesehen, dass das Mainfranken-Theater überleben würde, und immer spielt es noch. Es habe Mut gebraucht, dafür einzustehen. Den bräuchten jetzt auch die Suhler. Selbst wenn es angesichts der Finanzmisere in den Köpfen einiger Verantwortlicher in Suhl verständlicherweise etwas wirr aussehe, sollten sie doch nicht vergessen, für welche Werte eine bürgerliche Gesellschaft einzustehen habe. Welch ein Wert sei schon 0,6 Prozent des städtischen Haushaltes für eine Philharmonie gegen den Wert, den sie für ein Gemeinwesen zu leisten vermöge. Widerstand gegen eine solche Politik sei eine bürgerliche Pflicht, appellierte er an die Zuhörer, von denen etliche aus der Partnerstadt Würzburg und aus Gotha eigens für dieses Solidaritätskonzert angereist waren. Seinen Satz „Das schönste Erlebnis, seine eigenen Steuergelder wieder zu finden, ist noch immer ein Sinfoniekonzert“, honorierten die Zuhörer mit stürmischem Applaus. Und an anwesende Politiker im Saal gewandt: „Spielen Sie nicht mit einem kostbaren kulturellen Erbe!“
Bereits am Nachmittag war eine Delegation der Würzburger mit der 1. Bürgermeisterin Marion Schäfer und dem langjährigen Vorsitzenden des Freundeskreises Suhl-Würzburg, Bernd Höland – auf seine Initiative war dieses gestrige Konzert zustande gekommen – in der Stadt eingetroffen und von Bürgermeister Klaus Lamprecht empfangen worden. Auch Marion Schäfer ging auf die Philharmonie-Situation und das Finanzdilemma von Suhl ein. Diese Malaise könne sie nur allzu gut nachempfinden, denn der Gesetzgeber zwinge die Kommunen, bei freiwilligen Aufgaben den Rotstift anzusetzen, wenn das Geld nicht mehr reiche. „Würzburg musste zwei Jahre mit einem nicht genehmigten Haushalt leben“, bekennt sie offen. Eine Stadt lebe aber davon, kulturell etwas aufzuweisen für die Bürger. Sei eine Einrichtung wie ein Orchester erst einmal weg, und flössen dann nach einigen Jahren wieder mehr Gewerbesteuern, sei es aber zu spät. „Ich hoffe sehr, dass Sie diese Situation noch vernünftig hinbekommen. Kämpferisch und optimistisch wie ich bin, rate ich den Suhlern, nichts unversucht zu lassen.“
Das Konzert endete gegen 23 Uhr mit einer beeindruckenden Aufführung von Tschaikowskis 5. Sinfonie durch beide Klangkörper. Die begeisterten Besucher honorierten diese mit beinahe zehnminütigen Standing Ovations – und sie honorierten ganz offensichtlich auch das Anliegen, das beide Orchester zusammen geführt hatte.
Langjährige Orchesterfreunde fangen indes zu resignieren an. „Ich glaube nicht, dass das alles noch etwas bringt. Irgendwie sind wir doch hinterm Wald, wenn immer nur ein paar hundert Besucher in den Konzerten sitzen, dann spricht das nicht für uns Suhler“, bemerkt einer sehr kritisch, ohne seinen Namen zu nennen.

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