Kulturausschuss empfiehlt dem Stadtrat, den Orchesterzuschuss ab 2009 zu streichen
VON LILIAN KLEMENT
Der Kulturausschuss hatte gestern die schwerste Entscheidung seit seinem Bestehen zu treffen: Er plädierte dafür, die Finanzierung der Thüringen-Philharmonie ab 2009 einzustellen. Hintergrund ist die dramatische Haushaltslage der Stadt.
SUHL – Mit dieser Empfehlung werden die Kulturausschuss-Mitglieder in die heutige Stadtratssitzung gehen.
Die Entscheidung des zehnköpfigen Gremiums, in dem alle fünf Stadtratsfraktionen vertreten sind – Aktiv für Suhl, CDU, Freie Wähler, Die Linke und SPD – fiel wie erwartet – denkbar knapp aus. Sechs Mitglieder stimmten für die Empfehlung, vier votierten dagegen. Es hätte genauso anders kommen können.
Der Abstimmung war erneut eine heftige Debatte vorausgegangen, wie schon in der letzten Sitzung des Kulturausschusses am 6. September, als OB Jens Triebel die Stadträte gebeten hatte, die am 19. Juli beschlossene weitere Förderung der Philharmonie angesichts des Haushalts-Desasters nicht zu unterschreiben. Bereits damals hatte Finanzdezernent Erik Reigl auf die prekäre Situation aufmerksam gemacht, dennoch hatten sich 24 Stadträte für die 500 000 Euro als städtischen Anteil für das Orchester entschieden. Etliche von ihnen, war in Gesprächen zu hören, hätten damals die Dramatik der Lage noch völlig unterschätzt.
Am 6. September war die Beratung des Kulturauschusses zur Philharmonie öffentlich. Allerdings blieb der Aufschrei der Bürger ob der Debatte aus, weil sich offenbar kein Suhler für das Thema interessierte, denn das Gremium blieb unter sich. Gestern war die Beratung nicht öffentlich. Angesichts der Brisanz des Gegenstandes, der hier verhandelt wurde – schließlich ging es nicht etwa um ein buntes Bildchen, das vielleicht demnächst das neue Parkhaus im Zentrum zieren sollte – hätte man sich schon gewünscht, die Entscheidung des Ausschusses nicht hinter verschlossenen Türen stattfinden zu lassen. Für das Sein oder Nichtsein der Philharmonie, die schließlich seit 1953 im kulturellen Leben dieser Region fest verankert und seit Mitte der siebziger Jahre in Suhl ansässig ist, wurden mit der gestrigen Empfehlung schließlich die Weichen gestellt. Wenn schon Kulturausschussmitglieder mehrheitlich gegen das Orchester plädieren, kann man sich denken, wie die Stadtratssitzung am 26. September ausgeht, wenn definitiv darüber entschieden werden muss.
In der heutigen Sondersitzung des Stadtrates ist zu erwarten, dass die Fraktionen auf den Tisch legen, wo sie nachhaltige Einsparpotentiale sehen, um den Haushalt mittelfristig wieder aus der Schieflage zu bringen. Im Fokus stehen dabei alle freiwilligen Aufgaben, denn sie sind vom nicht mehr vorhandenen Geld zuerst betroffen.
Obwohl der Kulturausschuss die Öffentlichkeit gestern außen vor ließ, gab es wenigstens eine mit den Mitgliedern vereinbarte Presse-Information vom Vorsitzenden Hendrik Neukirchner (Aktiv für Suhl) zum Ausgang. Der fügt dennoch hinzu: „Es ist traurig, dass gestern so entschieden wurde, denn damit geht hier Kultur, geht das Orchester für Suhl kaputt. Ich bin nicht davon überzeugt, dass diese Einsparung der Liquidität der Stadt entscheidend hilft.“
Andere Stadträte, die sich zu diesem Einschnitt durchrangen – darunter jene, die der Philharmonie selbst in schweren Zeiten als Publikum wie als Politiker immer die Stange hielten – sehen das anders. Es sei dies nicht der einzige gravierende Einschnitt, den die Bürger künftig hinnehmen müssten. Denn das Ende der Fahnenstange im Kürzen freiwilliger Leistungen sei damit nicht erreicht. Suhl habe jahrelang verhängnisvoll auf Pump gelebt, diese Realität müsse man zur Kenntnis nehmen und könne sie nicht ausblenden.
Justament am Tag dieser tief greifenden Entscheidung probten die Philharmoniker mit dem Chefdirigenten des Würzburger Orchesters Jin Wang für das heutige gemeinsame Solidaritätskonzert im CCS. Fünfzig Musiker aus der Partnerstadt wollen ihren Kollegen beiseite stehen, obwohl nun fast alles aussichtslos scheint. Jin Wang macht eine klare Ansage: „Ein Orchester aufzubauen, kostet nicht nur viel Geld, sondern braucht auch viele Jahre. Zerstört ist es schnell. Doch erst wenn es weg ist, werden es die Leute vermissen. Ich kann den Suhlern nur raten, zusammenzuhalten und die Musiker zu unterstützen. Und das nicht nur mit dem Besuch des heutigen Konzertes.“