Freies Wort Suhl, 15. September 2007
Unter dem Druck der Not zur fälligen Konsequenz?


CDU und Freie Wähler über Sparmaßnahmen / Nein zum Zuschuss für Philharmonie
VON HEIKE HÜCHTEMANN
Die dramatische Finanzsituation, die sich zur Quasi-Pleite der Stadt zuspitzt, macht Druck auf – den Druck zum Handeln, um die seit Jahren offensichtlichen strukturellen Defizite zu beheben.

SUHL – Dieser Druck wird schmerzhafte Einschnitte erzeugen. Deren Notwendigkeit ist zwar schon länger im städtischen Bewusstsein, aber die Konsequenz hat gefehlt. Der kann sich der Stadtrat nun nicht mehr entziehen. Und er will es auch nicht. So die Intention der Pressegespräche, die gestern die Spitzen sowohl der CDU Fraktion, als auch der Fraktion der Freien Wähler gaben. Der Misere kann so CDU-Stadtrat Dietrich Weiß auch eine positive Seite abgewinnen, „da nun umgesetzt werden muss, wofür bislang keine Mehrheiten zu finden waren“.
Das beim Freistaat beantragte Darlehen in Höhe von drei Millionen Euro könne zwar für den Moment über ein paar Klippen hinweghelfen, aber nicht die Strukturprobleme Suhls lösen, betont Wolfgang Wehner. Dafür müssen nun auch „richtig unangenehme Dinge“ laut gedacht und angepackt werden. Der Zuschuss für die Thüringen-Philharmonie beispielsweise. Die CDU-Fraktion werde dem Antrag des Oberbürgermeisters folgen, den Zuschuss in Höhe von 500 000 Euro ab 2009 zu streichen. „Um nicht missverstanden zu werden: Wir wollen auch weiterhin Konzerte in Suhl und die 500 000 Euro werden nicht in Gänze in die Sparmasse einfließen. Ein Teil muss zur weiteren Bespielung genutzt werden“, sagt Fraktionschef Hans-Jürgen Wirthwein. Weitere Gedanken kreisen um das Haus Philharmonie. Eine neue Zukunft für den Klotz am Stadt-Bein sieht man in der Nutzung durch die Stadtverwaltung. „Das Neue Rathaus ist hochgradig sanierungsbedürftig und mit der einstigen Ablehnung des Stadtrates, dort ein Kino zu errichten, ist eine Chance zur Innenstadtentwicklung vergeigt worden,“ so Wolfgang Wehner. Für den nötigen Umbau müssten Förderprogramme wie beispielsweise „genial zentral“ bemüht werden. Doch ohne eigene Mittel der Stadt wird es dennoch nicht gehen.
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Land soll beim CCS-Kredit helfen
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Stichwort CCS: „Die Entscheidung, die der damalige Stadtrat sicher auch unter dem Eindruck der Wende-Euphorie für das CCS getroffen hat, ist heute nicht mehr zu ändern. Das CCS bleibt für den Suhler Haushalt ein Problem“, sagt Wolfgang Wehner, der sich als Landtagsabgeordneter dafür einsetzen will, dass der Freistaat ein Stück der Kreditbelastung von Suhls Schultern nimmt. „Schließlich hat das CCS auch regionale Bedeutung.“
Im Maßnahmekatalog stehen auch Musik- und Volkshochschule, die nach CDU-Meinung zusammengelegt werden sollten – möglicherweise im Schulkomplex in der Aue, das für das Förderzentrum viel zu groß sei. An die Sanierung des Heinrichser Rathauses, in das die Musikschule nach Stadtrats-Willen einziehen soll, glaubt man indes nicht mehr. Zumindest nicht in den nächsten Jahren. Die beiden Freibäder sind ein weiteres Thema. Wird eins geschlossen? Oder beide? Die Stadt leiste sich sehr viel. Zu viel für ihre Größe. Der Fakt im Zusammenspiel mit der Finanzmisere braucht kritische Betrachtungen und konsequentes Handeln, „das nicht im Kampf der Parteien auf der Strecke bleiben darf. Jeder Stadtrat sollte so handeln, als ginge es um sein eigenes Giro-Konto“, appellieren die CDU-Stadträte.
Wege aus der Krise mit klaren Einschnitten finden, das will auch die der Fraktion der Freien Wähler. „Wir können uns nicht mehr Jahr um Jahr durchmogeln. Jetzt muss der Haushalt und damit die Leistungsfähigkeit der Stadt langfristig gesichert werden“, sagt Manfred Hardt und zeigt das Ziel: „Die aufgebrauchten Rücklagen wieder aufbauen, die Schulden abbauen und ein Mindestmaß an Investitionen sichern. Das ist die Aufgabe für den Stadtrat.“ Im Klartext heißt das, die so genannten freiwilligen Aufgaben der künftigen Größe der Stadt mit prognostizierten 35 000 Einwohnern anzupassen. Auch hier fällt zuerst das Stichwort Philharmonie. „Mir blutet das Herz ... – es gibt keine andere Möglichkeit, als den Vertrag über den Zuschuss der Stadt Suhl ab 2009 nicht zu verlängern,“ so Erhard Kretschmann, Fraktionschef der Freien Wähler, der auch Vorsitzender des Trägervereins der Thüringen-Philharmonie war. Und auch hier der Tenor: Ein Teil des so gesparten Geldes muss für die Kultur in Suhl verwendet werden.
„Wir müssen unsere Verantwortung für die Stadt wahrnehmen. Auch wenn in der Vergangenheit viel falsch gemacht wurde – ich denke da nur an die Autobahnauffahrt am Sehmar –, wir müssen uns nach vorn bewegen,“ sagt Ingrid Ehrhardt. Nach vorn heißt, die Sanierung des Heinrichser Rathauses zu verschieben, die Freibäder zu thematisieren und darauf zu dringen, „dass vorrangig Investitionen umgesetzt werden, an denen beschlossene Nachfolge-Maßnahmen hängen und die Einsparungen nach sich ziehen,“ betont Manfred Hardt.
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Die Misere fordert Kreativität
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Dazu gehört unter anderem die Sanierung und der Zusammenzug des Gymnasiums, um den Weg für die Jenaplanschule in die Judithstraße zu ebnen. Dazu gehöre auch die Straßenbeleuchtung, die – wäre sie moderner – viel Geld einsparen und zugleich die Umwelt entlasten würde. Auch sollten die Eintrittspreise in städtischen Einrichtungen geprüft und möglicherweise zur Verbesserung der Einnahmesituation erhöht werden, „wobei die Bürger mithelfen können, indem sie die Angebote noch stärker annehmen,“ wie Ingrid Ehrhardt sagt. Auch für den Tierpark seien Einschnitte nicht ausgeschlossen. Auch nicht alternative Betreiberformen. „Die Not fordert unsere Kreativität heraus. Wir bringen uns ein, um aus der Misere herauszukommen“, zeigen sich die Freien Wähler entschlossen. Sie wollen auch die Gründung der Arbeitsgruppe „Status der Stadt Suhl“ beantragen. Hier solle abgeklopft werden, welcher Weg für Suhl mit Blick auf die Gebietsreform der günstigere ist. Auch das ist ein Thema, um das der Weg aus der Krise nicht herum führen wird.

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