Freies Wort Suhl, 14. September 2007
Alun Francis bleibt bis Ende 2008

Die Hiobsbotschaften um die gebeutelte Thüringen-Philharmonie Gotha-Suhl scheinen kein Ende zu nehmen. Doch die gestern im MDR verkündete Nachricht, Chefdirigent Alun Francis werde das Orchester zum Jahresende verlassen, ist eine Ente.
SUHL/GOTHA – Auch wenn es sich im Nachhinein als eine Falschmeldung erwies, so war doch die Aufregung im Vorstand des Trägervereins gestern groß. Und viele Freunde des Orchesters dürften ebenfalls irritiert gewesen sein.
„Eine solche Nachricht hat uns in dieser komplizierten Situation gerade noch gefehlt“, kommentiert Bärbel Schreyer, die 1. Vorsitzende des Philharmonie-Trägervereins. Glücklicherweise sind die Musiker derzeit noch auf einer Tournee durch das Ruhrgebiet, wo sie Gastspiele in Marl, Herne und Recklinghausen geben und haben vermutlich die falsche Information aus der Heimat noch gar nicht vernommen.
Fakt ist, so Bärbel Schreyer in einem Gespräch mit der Freies-Wort-Lokalredaktion, dass Alun Francis in einer E-Mail den Vorstand des Orchesterträgervereins dieser Tage informiert hatte, seinen bis zum 31. Dezember 2008 laufenden Vertrag einzuhalten, doch für eine Verlängerung darüber hinaus nicht zur Verfügung zu stehen. Überdies hatte der 64-jährige Künstler gebeten, angesichts gesundheitlicher Probleme von seiner vor einem Jahr angebotenen Suche nach Sponsoren für das Orchester zurückzutreten. Dies habe der Vorstand zur Kenntnis genommen und auch Verständnis dafür gezeigt, so Bärbel Schreyer.
Über eine Ausschreibung der Stelle könne man erst entscheiden, wenn Klarheit herrsche über die weitere Finanzierung der Thüringen-Philharmonie. In diesem Zusammenhang appellierte sie noch einmal an die Suhler Stadträte, genau zu bedenken, ob sie sich tatsächlich von dem Klangkörper trennen wollten und ob nicht andere Leistungen der Stadt genauso ernsthaft auf den Prüfstand gehörten, wie ebenso ein Hinterfragen neuer Betreiberformen für städtische Betriebe. Sie sei viele Jahre Finanzdezernentin in Gotha gewesen und wisse, wovon sie rede. Suhls Zuschuss für das Orchester mache ganze 0,6 Prozent des Verwaltunghaushaltes aus, wenn sie dem neuen Heft des Bürgerbeteiligungshaushaltes Glauben schenken dürfe. Es müsse die Frage erlaubt sein, ob sich das rechne gegen die Vernichtung von rund 80 Arbeitsplätzen und gegen einen unwiederbringlichen Kulturverlust.
Justament am gleichen Tag, wenn außerplanmäßig der Stadtrat tagt, um zu beraten, wie die Haushaltsmisere längerfristig in den Griff zu bekommen ist – und dabei spielt die Frage nach der Weiterfinanzierung der Philharmonie eine wichtige Rolle – kommen die Musiker aus Suhls Partnerstadt Würzburg zu einem Solidaritätskonzert ins Suhler CCS. In einem musikalisch attraktiven Programm – Schuberts Unvollendete, Wagners Liebestod und Tschaikowskis 5. Sinfonie – zeigen beide überdies ihre künstlerische Leistungsfähigkeit.
Das erste Konzert der neuen Anrechtssaison – diesmal im Haus Philharmonie – bringt dann am 26. September ein Wiedersehen mit Chefdirigent Alun Francis, der in jener möglicherweise letzten Spielzeit in Suhl mit seinen Musikern zeigen wird, dass dieses Orchester eigentlich hierher gehört, wie der Waffenschmied auf dem Marktplatz. Die Stadträte werden das vermutlich nicht erleben können, denn an diesem Tag sollen sie endgültig entscheiden, ob sie es als wichtig erachten, sich diese Philharmonie auch künftig leisten zu wollen.

LILIAN KLEMENT

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