In keinem anderen Orchester in Deutschland ist die Musikgeschichte der letzten 350 Jahre so präsent wie in der Thüringen Philharmonie, die das älteste Orchester ist, das seit seiner Gründung im Jahre 1651, als Hofkapelle von Herzog Ernst, durchgängig Bestand hat. Im pulsierenden höfischen Leben Gothas sind erste Instrumentalisten bereits 1482 erwähnt, und die letztendliche Gründung eines festen Ensembles zwei Jahrhunderte später bewirkte, dass seit dieser Zeit die kulturelle Identität der Stadt untrennbar mit seinem Orchester verbunden ist. Ab der Schwelle zum 19. Jahrhundert sind die Gothaer Instrumentalisten führend bei der Entwicklung eines bürgerlichen Musiklebens beteiligt. Bereits ab 1796 finden im "Mohren" in Gotha Abonnementkonzerte statt, die den Gothaer Bürgern ermöglichten, zu einem erschwinglichen Preis Musik auf höchstem Niveau zu genießen. Treibende Kraft ist in dieser Zeit Louis Spohr, der als Violinvirtuose und Komponist hohes Ansehen genießt. Als kongenialer Partner gesellt sich kurzzeitig Carl Maria von Weber zu Spohr, der Gotha als einen geeigneten Ort sah, um sich künstlerisch zu profilieren. Unter Andreas Romberg wird 1819 in Gotha der erste bürgerliche Singverein gegründet. Es zeigt sich bereits damals, dass das Wirken der Hofkapelle stets fest im bürgerlichen Leben verwurzelt war. Einen Höhepunkt in der Geschichte des Gothaer Musiklebens stellt der Bau des Hoftheaters am Ekhofplatz, das am 2.Januar 1840 eröffnet wird. Bedeutende Komponisten wie Franz Liszt, Johann Strauß, Hector Berlioz und der Violinvirtuose Henryk Wieniawski geben sich Gotha die Ehre. Im 20. Jahrhundert dirigiert Richard Strauss seinen Rosenkavalier in Gotha. Sparvorgaben der Landesregierung während der Weltwirtschaftskrise zwingen das Landestheater Gotha kurzzeitig zur Fusion mit Altenburg, jedoch ist im Jahre 1931 wieder die Selbständigkeit erreicht. Obwohl das Theater 1945 in Schutt und Asche liegt, wird bereits in diesem Jahr der Spielbetrieb im Behelfstheater "Parkpavillon" wieder aufgenommen, und die Gothaer bringen zu denVorstellungen Briketts und Lebensmittel für die Künstler mit, um die Aufführungen zu ermöglichen. In der Folge wird das musikalische Angebot in der Stadt durch das 1951 zum "Landessinfonieorchester" erhobenen Klangkörpers ständig verbessert. Dieses soll nun von der Landesregierung zerstört werden, und den Gothaer Bürgern wird ihre kulturelle Identität genommen sowie dem ganzen Land ein einzigartiger kultureller Schatz! |
(Text: Barbara Wieczorek) |